Brücken bauen zum Anderen
AUGENBLICKmal - Die Zeitschrift mit den guten Nachrichten - Oktober 2024
„Blöde Ziege – Dumme Gans",
so heißt ein beliebtes Kinderbuch. Bunte Bilder und Texte erzählen Kindern ab 3 Jahren Geschichten über Streitereien und Versöhnung, Verlieren und Gewinnen, Zurückgeben und Entschuldigen. Also mitten aus dem Leben - zumindest von Kindern. Im Handumdrehen können sich beste Freundinnen wie blöde Ziege und dumme Gans gegenüberstehen.
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Doch faszinierend ist bei kleinen Kindern, dass sie die Brücken niemals ganz abbrechen. Schon wenige Stunden später kann die Beziehung wieder weitergehen, so als wäre nichts gewesen. Manchmal reichen sogar Augenblicke. Als Erwachsene stehen wir staunend daneben. Wenn es doch bei uns auch so einfach wäre… Als Menschen können wir ohne soziale Kontakte nicht leben. Trotzdem tun wir uns manchmal schwer damit, Brücken zu anderen Menschen zu bauen oder sie zu reparieren. Und anschließend unbeschwert darüber zu gehen.
Das Kinderbuch setzt einen raffinierten Kunstgriff ein. Es erzählt die Situation auch von der jeweils anderen Perspektive. Und schon ist gar nicht mehr so blöd und dumm, wie Ziege und Gans agieren. Nein, es ist sogar verständlich. Wie Kinder hier schon lernen können, ist alles eine Frage der Perspektive. Daraus können wir für unser Brückenbauprojekt zu anderen Menschen ein paar Lehren ziehen um Fallen zu vermeiden.
Falle 1 - Wir gehen zu sehr von uns selbst aus und schlussfolgern dann auf andere
Entsprechende Gedanken und Sätze fangen an mit „Man muss doch nur…“. Man muss doch nur den Rasen ordentlich mähen, rechtzeitig eine bestimmte Versicherung abschließen oder mutig drauflos experimentieren. Kopfschütteln, wenn jemand das anders handhabt. - Ja, wenn jeder so ticken würde wie wir, wäre alles soooo einfach J. Doch die wichtigste Grundregel in allen Bereichen des Zusammenlebens lautet: der Andere ist vollkommen anders als ich. Jeder Mensch hat seine eigene „private Logik“. Und die ist tatsächlich nur für den „logisch“, der sie selbst in sich trägt.
Falle 2 - Wir machen uns nicht genug Mühe, den anderen verstehen zu wollen
Müssen die Nachbarn unter uns schon wieder Party machen und Kettenrauchen, so dass sich für uns ein entspannter Abend auf dem Balkon und schlafen mit offenem Fester erledigt hat? Für einen Nichtraucher ist das schwer nachvollziehbar. Ähnlich ergeht es uns, wenn jemand anders glaubt oder anders wählt. Erst kürzlich bin ich wieder in diese Falle getappt, deshalb tut mir die Erinnerung gut. Wenn ich auf Selbstschutz umschalte und auf Verteidigung der eigenen Position, ist das Verständnis der anderen Perspektive von vorn herein zum Scheitern verurteilt. Die Beziehungsbrücke Brücke bekommt einen Riss.
Falle 3 - Wir schauen auf andere herab, belächeln sie oder werten sie ab.
Die Haltung der moralischen Überlegenheit hat viele Facetten. Sie steckt tief in uns drin und torpediert das gleichwertige Zusammenleben. Wenn dann Beziehungen darunter leiden, braucht uns das nicht zu wundern, denn jeder wünscht sich den fairen Umgang auf Augenhöhe. Allerdings bieten Berufsalltag oder Familiensettings reichlich Negativbeispiele in der Art und Weise, wie miteinander oder über einander gesprochen wird. Stopp dazu! Mit freundlichen Blicken, gewinnender Stimme und verständnisvollen Worten geben wir unserem Gegenüber ein Signal: Ich nehme dich ernst. Dein Leben interessiert mich. Deine Gedanken sind wertvoll. Damit können wir fast jede/jeden erreichen, egal ob aufmüpfige Teenager, abweisende Besserwisser oder verwirrte Demenzkranke.
Eintrittskarte ins Leben von Menschen
Eine einfache Haltung ist verblüffend wirkungsvoll: Echtes Interesse am anderen ist die Eintrittskarte in sein Leben. Mit diesem Baustein lassen sich echte Brücken bauen. Gepaart mit Achtung vor der jeweiligen Lebensgeschichte und Prägung kann sich etwas entwickeln. Wenn wir das beachten, wird manch „komischer Kauz“ zum liebenswerten Kerl und hinter zickigen Tanten verstecken sich nicht selten Charakterfrauen.
Und wenn die Beziehung schon viel zu verfahren ist und Altlasten sich angesammelt haben? Dann rate ich eher zu stillgelegten, statt zu abgebrochenen Brücken. Während der Corona Zeit vereinbarte ich das mit einer Freundin, als wir keinen gemeinsamen Nenner mehr fanden. Abgerissen ist eine Brücke schnell, doch wird es jemals ein Zurück geben? Besonders heikel wird das im familiären Umfeld. Lieber einmal mehr professionelle Unterstützung holen, als vorschnell Brücken einzureißen. Menschen und Situation verändern sich, auch darin zeigt sich Gottes Gnade! Durch geduldiges Abwarten und Nicht-auf-die-Goldwaage-legen dessen, was geschehen war, konnte schon so mache zwischenmenschliche Brücke wieder passierbar werden.
Beziehungslos leben ist keine Option PLUS es ist noch kein Brückenbauer vom Himmel gefallen. Also geh mutig und lernbereit auf andere zu. Jede verbesserte Beziehung wird dich belohnen.
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